Vita
Susanne Schregel, geboren 1981, ist seit Oktober 2011 im Rahmen des Research-Fellow Programms »Werkzeuge des Entwerfens« Stipendiatin am studierte Geschichte, Soziologie und Philosophie an den Universitäten und Bielefeld. Von 2006 bis 2011 war sie Doktorandin und Postdoc am Graduiertenkolleg »Topologie der Technik« der TU Darmstadt. Sie promo Juli 2010 mit einer Arbeit zur Geschichte der Friedensbewegung (»Der vor der Wohnungstür. Eine Politikgeschichte der neuen Friedensbewegun Bundesrepublik, 1970–1985«). Ihre Hauptinteressen gelten der Geschich Politischen und des sozialen Protestes, der raumorientierten Gesellschaftsanalyse sowie Konzeptionen von »Wissenschaft« und »Interdisziplinarität«.
Dated from 2012
IKKM Researchproject
»Entwürfe der Grenzüberschreitung. Interdisziplinarität und die räumliche Gestalt von Wissenschaft, 1960–1990«
In den frühen 1960er Jahren stand die Bundesrepublik vor einem tiefgreifenden Umbau ihrer Hochschullandschaft. Mit den Entwürfen neu zu errichtender Universitäten verbanden sich in dieser Zeitphase zugleich spezielle Vorstellungen wissenschaftlichen Arbeitens und wissenschaftlicher Kooperation. Gleichzeitig trieb ein aufkommender Krisendiskurs um eine sich zersplitternde und ihre »Einheit« verlierende Wissenschaft in den Zeiten der Massenuniversität die Suche nach einer materiellen Gestaltung der Hochschule an, die diesen Tendenzen entgegenwirken könnte: Die Diagnosen eines zerfaserten Wissensraumes mündeten in den Ruf nach »Interdisziplinarität« und vermehrter wissenschaftlicher Kooperation. Auffällig hierbei ist, dass nicht allein die wissenschaftliche Krisenrhetorik dieser Zeitphase räumlich ausgerichtet war (etwa in den Termini der »Einheit« versus »Ausdifferenzierung«, in der Konstatierung eines wachsenden »Abstandes« der Fächer zueinander, einer »Zersplitterung«, eines entstehenden »Partikularismus« und der Beschreibung von Wissenschaft als »Konglomerat« von Fächern). Auch die Ansätze zur Behebung der Krise äußerten sich in räumlichen Termini, genauer in einer prozessual verstandenen Rhetorik der Grenzüberschreitung (Suche nach »Verbindungen« zwischen den Fächern, Diskussion über die Einrichtung grenzüberschreitender »Zentren«). Diese Auseinandersetzung artikulierte sich in besonderer Klarheit in der Debatte um die baulich-architektonische Gestaltung künftiger Universitäten. Entwürfe und Planungen um die Errichtung neuer Hochschulen kreisten auch um die Frage, wie die bauliche Gestalt eine fächerübergreifende Kooperation befördern könnte; Entwürfe universitärer Architekturen widmeten sich insbesondere dem Ziel, eine Gestaltung zu finden, welche »Interdisziplinarität« nicht allein symbolisieren, sondern durch materielle Vorgaben auch praktisch befördern könnte. Auf diese Weise komprimierten sich in den Modellen und Entwürfen der Hochschulbauten zugleich Bilder künftiger Wissenschaft. Dieser Zusammenhang zwischen der baulichen Gestaltung neuer Hochschulen und einer dadurch angestrebten Reform wissenschaftlichen Wissens selber steht im Mittelpunkt des Forschungsprojektes. Entlang der Praktiken und Diskurse um die Gestalt künftiger Hochschulbauten verfolgt das Projekt die folgenden Leitfragen:
- Welchen Zusammenhang stellten zeitgenössische Diskurse zwischen der materiellen Gestalt der künftigen Universität einerseits, zwischen der Praxis und den Zielen von Wissenschaft und wissenschaftlichem Wissen andererseits her?
- Wie wurden die künftigen Hochschulbauten von Planern und Architekten dazu angelegt, zu wissenschaftlichen »Grenzüberschreitungen« zu führen und dem Leitziel der »Interdisziplinarität« zu dienen?
- Wie verbanden sich Raum-Diskurse und Raummetaphern in dieser Zeitphase mit Vorstellungen über die künftige Gestaltung wissenschaftlichen Arbeitens? Wie wurde also die Materialität der Hochschulbauten dazu angelegt, als eigenständiger Faktor die Praxis wissenschaftlicher Forschung zu verändern? Das Ziel des Projektes liegt darin, Konzeptionen der Universität und wissenschaftlichen Wissens zu historisieren, welche die gegenwärtige Wissenschaftskultur stark geprägt haben und noch immer prägen – sei es als Diskurse um fächerübergreifende Kommunikation und Kooperation, sei es in der Materialität der umgesetzten Hochschulbauten.
Publikations
Monograph
Der Atomkrieg vor der Wohnungstür. Eine Politikgeschichte der neuen Friedensbewegung in der Bundesrepublik, 1970–1985, Frankfurt/New York 2011.
Article
Konjunktur der Angst. »Politik der Subjektivität« und neue Friedensbewegung, 1979-1983, in: Bernd Greiner, Christian Th. Müller, Dierk Walter (Hg.), Angst im Kalten Krieg [Studien zum Kalten Krieg, Band 3], Hamburg 2009, S. 495–520.