Ann-Sophie Lehmann Ehem. Senior Fellow

Ann-Sophie Lehmann
November 2019 - Januar 2020

Vita

Ann-Sophie Lehmann hat Kunstgeschichte in Wien und in Utrecht studiert, wo sie 2004 promoviert wurde. An der Universität Utrecht war sie im Fachbereich Media & Cultural Studies als Assistant und Associate Professor tätig. Seit 2015 ist sie Lehrstuhlinhaberin für Art History & Material Culture an der Universität Groningen.

Forschungsfelder

Im Zentrum meiner Forschung steht die Frage, wie Materialien, Werkzeuge und Praktiken an der Bedeutungsgebung von Kunst beteiligt sind, wie Bilder und Texte kreative Praktiken darstellen und reflektieren und wie Wissen über die Herstellung materielle Kompetenz (literacy) erzeugt. Mein Ansatz ist transhistorisch und umfasst alte und neue Medien und Materialien.

IKKM Forschungsprojekt

Kindliche Dinge

Trotz der materiellen Wende haben die Dinge immer noch Schwierigkeiten in theoretischen Diskursen: Ihre Materialität lässt sie weniger ernsthaft erscheinen als Medien, die Abstrahierung vollziehen, wie Texte und Bilder. Viele Forscher assoziieren diese Gleichsetzung mit den Dingen mit dem Verlust einer kritischen Distanz. Der berühmte Begriff der „Objektbiographie“ spiegelt diese Ambivalenz wider. Biographien schaffen einerseits Aufmerksamkeit für die Individualität der Dinge sowie die Art, wie sich die Dinge ändern und verändert werden. Andererseits impliziert der Begriff der Biographie eine biologische und mentale Entwicklung, die die Dinge nicht haben. Die Metapher deckt daher ausschließlich dingspezifische Merkmale ab. Dazu zählt, dass die Dinge mit zunehmender Reife interessanter werden und ihnen vom Leben ein spezifischer Status verliehen wird. Tatsächlich wurden solche ‚verzauberten‘ Dinge als dicke (thick) (Alder), epistemische (Rheinberger), sprechende (Daston), wissende (Gosdon) oder denkende Dinge (Arendt) beschrieben. Das Forschungsprojekt richtet den Blick daher auf Dinge, die nicht ‚auf Augenhöhe‘ mit den Wissenschaftlern stehen, sondern zu denen man sich hinabbücken muss, um sie zu untersuchen. Angesprochen sind jene Dinge, die für Kinder entwickelt wurden, um die materielle Welt kennenzulernen, indem sie mit ihnen umgehen, ihnen zuhören und sie bemalen; Dinge, die nicht dazu bestimmt sind, um ‚aufzuwachsen‘, sondern zum Lehren und Lernen verwendet zu werden. Im 19. Jahrhundert, als sich Kindheit und Pädagogik als Kategorien der (westlichen) Gesellschaft etabliert hatten, wurde die Bildung von Kindern nicht nur zu einer Berufung, sondern erzeugte einen Markt für Unterrichtsmethoden und -materialien, die in Schulen und zu Hause eingesetzt werden konnten. Daher stehen drei verschiedene Arten von Lehrmaterialien im Mittelpunkt dieses Projekts: die Objektlehrbox, die Autobiographie der Dinge und das Malbuch.

Ausgewählte Publikationen

Lessons in Art. Art, Education, and Modes of Instruction since 1500, ed. with E. Jorink and B. Ramakers, Leiden: Brill 2019.
„An alphabet of colours. Valcooch’s Rules and the emergence of sense-based learning around 1600“, in: Lessons in Art, ed. by E. Jorink, A. Lehmann & B. Ramakers, Leiden 2019, 168-203.
„Bist Du Holz oder Faden?“, in: Original Bauhaus Übungsbuch, ed. by N. Wiedemeyer, F. Holländer, Berlin 2019.
“Two Digits: Digital Materials against Dystopias of Replacement and Utopias of Participation”, in :Bibliotechnica. Humanist Practice in Digital Times, ed. by John Tresch, Venice 2018, 235-258
“Taking Fingerprints. The Indexical Affordances of Artworks’ Material Surfaces”, in: Spur der Arbeit, ed. by M. Bushart, H. Haug, Paderborn: Fink Verlag 2018, 199-218.

For an overview of academic activities and published work, see also:
http://www.ann-sophielehmann.nl/ 
https://rug.academia.edu/AnnSophieLehmann