Anne Eakin Moss Ehem. Research Fellow

Anne Eakin Moss
Januar 2019

Vita

Anne Eakin Moss ist Assistant Professor im Department of Comparative Thought and Literature an der Johns Hopkins University in Baltimore, wo sie in den Bereichen russische Literatur, Kino, Filmtheorie und feministischer Theorie unterrichtet. Sie erhielt ihren Doktor der Slavistik von der Stanford University und hatte Postdoc-Positionen an der Harvard University und der Johns Hopkins University inne. Ihr Buch Only Among Women: Philosophies of Community in the Russian Imagination, 1860-1940 erscheint 2019 bei Northwestern University Press. Ein Artikel über ihr zweites Buchprojekt mit dem Titel „The Permeable Screen: Stalinist Cinema and the Fantasy of No Limits“ erscheint in der Zeitschrift Screen im Winter 2018. Eine ihrer neueren Publikationen ist: „A Woman with a Movie Camera: Chantal Akerman’s Essay Films“, in: The Essay Film: Dialogue, Politics, Utopia, hrsg. v. Caroline Eades und Elizabeth Papazian (Wallflower, 2016). Dr. Eakin Moss ist auch Mitherausgeberin von Modern Language Notes Comparative Literature Issue (Johns Hopkins University Press).

Stand: 2019

Forschungsfelder

Film- und Medientheorie
Russisches Kino
Essay-Film
Feministische und Gender-Theorie
Philosophien der Gemeinschaft

IKKM Forschungsprojekt

Der durchlässige Bildschirm: Kommunistische und Kapitalistische Filmfantasien, 1927-1940

Mein Projekt verfolgt eine vertiefte Untersuchung des ontologischen Regimes, das vom stalinistischen Kino manifestiert und kreiert wird, im Vergleich mit dem westlichen Kino der 1930er Jahre. Mein Buchprojekt zielt allgemein darauf ab zu zeigen, wie Medien – und die Kinoleinwand insbesondere – eine Beziehung zum Betrachter hervorbringen, welche die Erfahrung des Gewöhnlichen und der materiellen Welt in ihren technologischen und biologischen Aspekten organisiert und reorganisiert. Während das sowjetische Avantgarde-Kino der 1920er Jahre eine selbstreferentielle Technik der Montage, Unterbrechung und Anziehung nutzte, um den Zuschauer zu schockieren und zu entfremden und um dadurch ein revolutionäres Bewusstsein hervorzurufen, zielten die sozialistisch-realistischen Filme der 1930er Jahre darauf ab, die Zuschauer in eine Vision einer sowjetischen Utopie einzubinden, um so deren Sympathie und emotionale Beteiligung zu sichern. Die Schnittstelle des Bildschirms im stalinistischen Kino etabliert eine grundlegend andere Beziehung zwischen den Welten als das Hollywood-Kino derselben Zeit. In der Kombination von sowohl genauen als auch gebündelten Untersuchungen von Filmen der Sowjetunion von 1927-40 zeige ich, wie direkte Ansprache, Gestik, metakinematographischer Ausdruck, Sozialeffekte, Rahmungen, Spiegelungen und andere deiktische Operationen ein anderes Bild der operativen Ontologie und des Phänomens des Films als Medium etablieren als die Perspektive, die nur durch das westliche Kino hergestellt wird. Im Gegenzug untersuche ich auch die Implikationen dieser vergleichenden Auffassung der operativen Ontologien in Medien für zeitgenössische Debatten über das erweiterte Kino, besonders das 3D-Kino und die virtuelle Realität, aber auch Fragen rund um Schnittstellen und digitale Bildgebung.
Meine Forschung in sowjetischer Kinotheorie und -stilistik während und nach dem Übergang zum akustischen Kino versucht eine entscheidende Intervention in das Verständnis von Kino als einer Erfahrung und insbesondere den Bildschirm als ein Mittel der Übertragung, Unterstützung oder Beeinträchtigung im Zeitalter des erweiterten Kinos und neuer Medien vorzunehmen. Die heutigen technologischen und stilistischen Bewegungen hin zu einer allumfassenden und allgegenwärtigen Kinoerfahrung mit der gleichzeitigen Abkehr der Filmtheorie von narrativen und semiotischen Lesarten von Film und der Hinwendung zu einem Fokus auf den Affekt, das Fühlbare und die somatischen Effekte von Kino haben einige Kritiker dazu angeregt, das Aufkommen einer „post-medialen Bedingung“ zu postulieren, in welcher der durchlässige Bildschirm als symptomatisch angesehen wird. Wenn die Kinoleinwand heute überhaupt noch eine Bedeutung hat, dann dient sie weniger als ein formales Problem, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat wie mit der vierten Wand, und ist ebenso selten ein Index oder Register von Licht auf einem Zelluloidstreifen, sondern kreiert stattdessen eine Umwelt, eine Atmosphäre, die mit dem Zuschauer geteilt wird, oder eine Schnittstelle, die eine Interaktion ermöglicht. Ich argumentiere dafür, dass das stalinistische Kino in seiner Produktion, Genese von Bedeutung und Rezeption einen Existenzmodus hervorgebracht hat, der neue Möglichkeiten, über Medientheorie nachzudenken, eröffnet.

Ausgewählte Publikationen

“The Permeable Screen: Stalinist Cinema and the Fantasy of No Limits,” forthcoming Screen 59/4 (Winter 2018).
“The Woman with a Movie Camera: The Essay Films of Chantal Akerman” in Elizabeth Papazian & Caroline Eades, eds., The Essay Film: Dialogue, Politics, Utopia (Wallflower Press 2016), 167-191.
“Stalin’s Harem: The Spectator’s Dilemma in 1930’s Soviet Film,” Studies in Russian and Soviet Cinema Vol. 3, No. 2 (2009): 157-172.
“Tolstoy’s Politics of Love: ‘That passionate and tender friendship which exists only among women,’” Slavic and East European Journal Vol. 53, No. 4 (Winter 2009): 566-586.