Vita
Avital Ronell ist Professorin in den Geisteswissenschaften an der New York University und leitete bis 2004 ein jährlich stattfindendes Seminar zusammen mit Jacques Derrida. Sie ist Wissenschaftlerin, gibt Performance-Vorlesungen, beschäftigt sich als Philosophin mit Technologien, nicht-kanonischen Texten und politischer Theorie und bezeichnet sich selbst als erfahrene Unruhestifterin. Sie hat eine Serie von neuen Aufführungen mit dem Titel „Selon Avital“ am Centre Pompidou in Paris abgehalten, die mit einer Präsentation und Diskussion mit Werner Herzog begann und eine Tanzaufführung mit Judith Butler sowie ein Theaterstück, in dem Ernst Jünger, Heidegger, Marguerite Duras, Goethe und andere als Figuren auftraten und welches sich um Drogen-Technologien drehte („On Narcocism“), mit einschloss. Sie hat ebenfalls ein Theaterstück mit dem Titel „What was I Thinking? A Critical Allothanatography“ für Hau3 geschrieben und aufgeführt, welches von Sladja Bazan inszeniert wurde. Aktuelle Publikationen sind „Fighting Theory“, „The UeberReader“ sowie „Loser Sons: Politics and Authority“. Sie ist derzeit Leiterin des „Poetics & Theory“ Instituts an der New York University sowie Jacques Derrida Professor für Medien und Philosophie an der European Graduate School in der Schweiz.
Stand: 2017
Forschungsinteressen
Philosophie, Literatur, politische Theorie, weibliches Schreiben, Sucht und Trauma
IKKM Forschungsprojekt
Ein Hauptanliegen meiner Beschäftigung mit Philosophie und Rhetorik betrifft die Art und Weise, auf die der „Mensch“ durch das Dilemma der Adressierbarkeit konstruiert und wahrgenommen wird, insbesondere wenn ein nicht-menschliches Anderes angesprochen wird oder dieses selbst den Menschen anspricht, z.B. ein Tier, ein Objekt, das Göttliche, die Deutung eines toten oder untoten Besuchers. Während der Zeit meines Fellowships in Weimar möchte ich das Konzept einer außer-menschlichen rhetorischen Beziehung untersuchen um darüber zu sinnieren, welche Ereignisse oder Mutationen, die noch keine breite Aufmerksamkeit erhalten haben, an dieser bisher wenig beleuchteten Schnittstelle möglich sind. Dieser Perspektive nähere ich mich von der Seite, einem marginalen Ausgangspunkt für das weitere Vorgehen. In letzter Zeit habe ich mich für „Un-Ereignisse“ (inoccurrence) und eine „Un-Geschichte“ (anahistory) interessiert – Ereignisse und Aussagen, die uns entgleiten oder die sich nicht klar definieren lassen. Was der konzeptuellen Festlegung entgleitet, eine Art heimliches Übertragungssystem, erfasst nicht das aktuelles Interesse in dem Maße, als dass ich immer seitliche Verbindungen zu diesen Entitäten oder Nicht-Entitäten, diesen Semi- oder Quasi-Phänomenen, die historisch anerkannten Formen der Rezeption entgehen, hergestellt habe: sie werden entweder gar nicht wahrgenommen oder sie zählen nicht aus allen möglichen vorherbestimmten Gründen. In dieser Hinsicht möchte ich einige Punkte vorbringen, die mein Projekt rechtfertigen und orientieren können. Einer der Punkte besteht darin, die Annahme, die sicherlich auch ähnlichen Arbeiten zugrunde liegt, zu untersuchen, welche davon ausgeht, dass es eine Unterscheidung zwischen dem Menschlichen und dem Nicht-Menschlichen gibt. Es gibt zumindest eine provisorische Unterscheidung und Grenze, mit der ich mich befasse. Bisher tendierte man dazu, mit der Annahme zu operieren, dass diese klare Unterscheidung trotz all der Arbeit, die das Gegenteil behauptete, typischerweise in der Philosophie und Rhetorik angenommen wird. Ich interessiere mich dafür, diese Annahme zu verunsichern oder zumindest verschiedene Nuancierungen anzubieten. Es gibt einen erheblichen ethischen Druck, der dazu führt, diese Annahme zu hinterfragen und letztlich auch auseinanderzunehmen. Die Grenze zum nicht-Menschlichen ist verunsichert und mit Fehlern und Überheblichkeit behaftet; sie erfordert dort, wo sie immer noch menschliche Kategoreme ableitet, eine zunehmend kritische Aufmerksamkeit. In meiner bisherigen Arbeit habe ich die Orte untersucht, wo sich nachverfolgbare Spuren der Verunreinigung und Anschlüsse an das nicht-Menschliche, das Maschinische und die theologischen Spur sowie die Unmöglichkeit des „Natürlichen“ in Verbindung mit der beständigen Aushöhlung des „Menschlichen“ befinden. Ich führe diese Arbeit fort und widme mich den überschriebenen Bereichen des Seins, die es nicht erlauben, die Dinge in bekannter Weise auszusortieren und auszusieben oder eine epistemisch abgesicherte Unterscheidung zwischen dem Menschlichen und dem Außer-Menschlichen in Anschlag zu bringen, einschließlich der Anschlüsse von Empfängern, die ich untersucht habe, als mich mit den Eigenschaften von internalisierten Technologien wie der Sucht und unserem „Auf-Drogen-Sein“ beschäftigt habe.
Jüngste Publikationen
"Bigly Mistweated: On Civic Grievance" Media Works: a critique of the American presidency.
어리석음 (Korean version of Stupidity, with new preface). Trans. Woosung Kang
Losers: Les figures perdues de l'autorité (French version of Loser Sons: Politics and Authority), trans. Arnaud Regnauld, Paris: Bayard. Loser Sons: Politics and Authority. University of Illinois Press.
Fighting Theory. Avital Ronell in Conversation with Anne Dufourmantelle. Trans. Catherine Porter. University of Illinois Press.
Addict, Fixions, et Narcotextes [Crack Wars]. Oversaw translation for French Edition. Paris: Editions Bayard.
Test Drive. La passion de l’épreuve. [The Test Drive]. Oversaw translation for French Edition. Paris: Edition Stock.
What Was I Thinking? Conversations with Avital Ronell. Trans. Catherine Porter and adapted by Avital Ronell.
Pulsión de Prueba. La filosofía puesta a examen [The Test Drive]. Oversaw translation for Spanish edition. Buenos Aires: IZ Ensayos.
The ÜberReader: Selected Works of Avital Ronell. Ed. Diane Davis, with four new essays, University of Illinois Press, Dec.
(with Eduardo Kac) Life Extreme: An Illustrated Guide to the New Life, Paris: Dis Voir, Nov.
(with Eduardo Kac) Life Extreme: Guide Illustré de Nouvelles formes de Vie, Paris: éditions Dis Voir, Nov.
“Friendship: Unauthorized.” Preface. Michal Ben Naftali, Chronicle of Separation: On Deconstruction's Disillusioned Love. Fordham: New York. 2015.
“A Rogue Preface.” Preface. Jeffrey Champlin, The Making of a Terrorist: On Classic German Rogues. Fordham: New York. 2015.
“Secrétaires du fantôme.” Vincent Broqua, Récupérer. Paris: Les petits matins. 2015.
“Teacher’s Pet.” Oxford Literary Review. 36.2: 289-295.
“Breaking Down ‘Man’.” With Diane Davis. Philosophy & Rhetoric. 47.4: 354-385.
“No Fly Zone.” Suzanne Doppelt and Daniel Loayza (ed.), Mouche: Une anthologie littéraire. Paris: Bayard. 2013.
“An Autobiographeme.” Jeffrey Champlin (ed.), Terror and the Roots of Poetics. Atropos: New York. 2015.
“Stormy Weather: Blues in Winter.” The New York Times, Feb. 2
“Shame on you! 3 scandals on which to build or bail.” Yearbook of Comparative and General Literature. 2012. 58: 202-204