Elisabeth Bronfen Ehem. Senior Fellow

Elisabeth Bronfen
April - Juli 2017

Vita

Elisabeth Bronfen ist Professorin für English and American Studies an der Universität Zürich und seit 2007 zudem Global Distinguished Professor an der New York University. Sie studierte am Radcliffe College und an der Harvard University. Sie erhielt ihren Doktor an der LMU München mit einer Arbeit über den literarischen Raum im Werk von Dorothy M. Richardson. Sie habilitierte sich fünf Jahre später ebenfalls in München mit einer Arbeit über Repräsentationen von Weiblichkeit und Tod. Sie war Mellon Faculty Fellow an der Harvard University (1987-88), Max Kade Distinguished Visiting Professor an der Columbia University (1997, 2000), Whitney J. Oates Short-Term Fellow of the council of the Humanities in Princeton (1995), S.W. Brooks Visiting Lecturer an der University of Queensland (2003); außerdem führte sie einen Forschungsaufenthalt am Louise Bourgeois Studio durch (2010). Sie war Gastprofessorin an der Sheffield Hallam University, der Universität Odense, der Universität Kopenhagen und der Katholischen Universität in Lissabon. Seit 2012 ist sie Mitglied der Academia Europaea. 2017 erhielt sie die Martin Warnke-Medaille der Aby-Warburg-Stiftung.

Stand: 2017

Forschungsinteressen

Britische und amerikanische Literaturwissenschaft vom 19. bis zum frühen 21. Jahrhundert; das kulturelle Nachleben von Shakespeare und Theaterstücken der frühen Neuzeit in der Oper, im Kino und Fernsehen; Literatur- und Kulturtheorie; visuelle Kultur und Intermedialität; Gender Studies; Psychoanalyse

IKKM Forschungsprojekt

Serieller Shakespeare

Mein Projekt „Serieller Shakespeare“ untersucht Shakespeares Oeuvre als ein Set von Variationen von Charakterkonfigurationen, thematischen Konstellationen und rhetorischen Strategien. Einzelne Texte, die von den Regeln des literarischen Genres bestimmt sind, spielen verschiedene psychologische, ideologische und ästhetische Positionen durch. Shakespeare noch einmal hinsichtlich einer Poetik der Serialität zu untersuchen bedeutet, Wiederholung und Differenz zusammen zu denken. Shakespeare seriell zu lesen beinhaltet Strategien der Verdichtung und Verschiebung, aber auch Auflösung, wie es Freud in Bezug auf phantastische Werke erörtert hatte. Ein hermeneutischer Ansatz, der einen Text in serieller Weise auf andere Texte abbildet im Prozess einer Nachverfolgung von thematischen und figürlichen Analogien und Korrespondenzlinien, rekurriert auch auf eine operative Praxis. Dieses Werk im Sinne der Serialität zu lesen richtet die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass jedes einzelne Theaterstück wiederum etwas Neues verkörpert und damit in diesem Prozess etwas Unterschiedliches produziert. Jedoch erlaubt es Serialität auch, eine transhistorische und transmediale Verbindungslinie zwischen Shakespeares frühneuzeitlichen dramatischen Imaginationen und zeitgenössischer Medienkultur zu ziehen. Mieke Bals Begriff einer widersinnigen Geschichtswissenschaft folgend schlage ich vor, auf die historisch früheren Theaterstücke von Shakespeare durch die Linse ihrer folgenden Wiederverarbeitungen (Kino des 20. Jh., zeitgenössisches Qualitätsfernsehen) zu schauen. Mein Anliegen ist also weder eine Geschichte von Theateraufführungen noch die ihrer Adaptationen im Kino, sondern eine Verknüpfung von zeitgenössischen und frühneuzeitlichen Ausformungen kultureller Bedeutungen. Damit folge ich Stanley Cavell und seinem Vorschlag einer philosophischen Unterhaltung. Es geht also nicht nur darum, Ereignisse, denen eine Bedeutung für jede Zusammenstellung von Texten zugeschrieben wird, zu isolieren und miteinander in Bezug zu setzen, sondern eher um eine Untersuchung von Shakespeares Texten in Bezug zu ihren folgenden Wiederverarbeitungen und wie diese unser Verständnis des früheren Textes verändern. Die Bedeutung, die in dieser wechselseitigen Beziehung freigelegt wird, ist auch der Effekt eines seriellen Denkens. Indem ich mit einer transhistorischen und transmedialen Verdichtung von einer Serie von Texten beginne, versuche ich durch ein gegenseitiges Abbilden (crossmapping) die Differenzen zu berücksichtigen, deren Artikulation und Sichtbarkeit ein Effekt des seriellen Lesens selbst sind. Das Werk Shakespeares in Bezug zur Serialität noch einmal zu untersuchen operiert daher auf drei Ebenen: eine Untersuchung der seriellen Konfigurationen in und die Konstruktion von einzelnen Theaterstücken, die Betrachtung ganzer Zusammenstellungen von Texten als Serien und die Anregung einer Konversation zwischen diesem Werk und verschiedenen Filmen und Fernsehserien des 20. Jahrhunderts.

Publikationen (Auswahl)

Monographien
Mad Men, Death and the American Dream (Diaphanes 2016),
Night Passages. Philosophy, Literature,and Film (Columbia University Press 2013),
Specters of War. Hollywood's Engagement with Military Conflict (Rutgers University Press 2012),
Crossmappings. Essays zur visuellen Kultur (Scheidegger und Spiess 2009),
Stanley Cavell. Zur Einführung (Junius Verlag 2009).

Herausgeberschaften
Noch einmal Anders. Zu Einer Poetik des Seriellen, co-edited (Diaphanes 2016).
Eine Amerikanerin in Hitlers Badewanne. Lee Miller, Martha Gellhorn und Margaret Bourke-White, co-edited (Hoffmann und Campe)

Aufsätze
"Screening and disclosing fantasy: rear projection in Hitchcock" (Screen 56:1 Spring 2015),
"Shakespeare's Wire" in Amerikanische Fernsehserien der Gegenwart, eds. Christoph Ernst and Heike Paul (Transkript 2015)