Lutz Robbers Ehem. Research Fellow

Lutz Robbers

Vita

Studium der Regionalwissenschaften Nordamerika (mit Schwerpunkt Kulturwissenschaften), politischen Wissenschaften (M.A., Freie Universität Berlin), Architekturtheorie und -geschichte (M.E.D. Program Yale University; M.A. Ph.D., Princeton University). Kuratorische Tätigkeit an der Cité de l’architecture et du patrimoine, Paris. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am »Cities Programme« der London School of Economics. Teaching Fellow am »Film Studies Program« der Yale University sowie an der School of Architecture, Princeton University. Mehrjährige Lehrtätigkeit im »New York-Paris Program« der Columbia University, Graduate School of Architecture, Planning and Preservation. Seit Frühjahr 2010 Stipendiat im Research-Fellow-Programm »Werkzeuge des Entwerfens« am IKKM.

Forschungsprojekt von Lutz Robbers

Verkörperung/Verzeitlichung: Der Einbruch des bewegten Bildes in die Architektur

»Dieser Grundriss ist sinnlich lesbar, ist keine mathematische Abstraktion.« Mit diesen Worten beschreibt der Pionier des abstrakten Films Hans Richter im Jahr 1925 Mies van der Rohes berühmten Grundriss für das »Landhaus aus Backstein« (1923) und wirft damit Fragen nach Lesart und Lesbarkeit des architektonischen Bildes und damit nach den konventionellen projektiven Praktiken im architektonischen Entwurfsprozess auf. Richters Bemerkung revidiert zudem jene architekturgeschichtliche Interpretation, die Mies’ dynamischen Grundriss als eine beispielhafte Darstellung moderner Räumlichkeit kanonisiert hat. Mein Forschungsprojekt nimmt Richters Bemerkung zum Anlass, den Status des architektonischen Bildes, im Entwurfsprozess als auch in geschichtlichen und kritischen Diskursen über Architektur, einer kritischen Revision zu unterziehen. Dabei geht es vor allem darum, das Bild im Kontext seiner apparativen, technologischen und institutionellen Verfasstheit zu analysieren, es also nicht mehr Projektion des autonom-schöpferischen Subjekts zu verstehen, sondern umgekehrt als dessen Voraussetzung.
Es ist kein Zufall, dass es einer der ersten Filmkünstler war, der auf eine alternative Rezeption des architektonischen Bildes hinweist. Richter und Mies begegnen sich in den frühen zwanziger Jahren, also jenem Zeitpunkt an dem ersterer beginnt, sich intensiv mit dem Medium Film zu experimentieren und letzterer visionäre Projekte wie das Landhaus in Backstein, das Hochhaus an der Friedrichstraße oder das Bürohaus in Beton entwirft. Die Beziehung Richter/Mies gilt es als Fallstudie historisch zu untersuchen um dann eine theoretische Bewertung der Interferenzen zwischen Architektur und Film vorzunehmen. Es wird vor allem darum gehen, jenes diskursive Feldes nachzuzeichnen, das sich in den Jahren 1921-1924 als informelle Bewegung von Künstlern um die Zeitschrift G – Material zur elementaren Gestaltung manifestierte, jener Zeitschrift, die sich »an den Zeitgenossen richtet, der schon mit all den modernen Instinkt- Empfangs- und Absendungsapparaten ausgerüstet ist, die ihm Verbindung mit dem Leben sichern«, wie Richter schreibt. Architektur und Kino waren die bevorzugten Apparate, die nicht mehr nur zweckrational auf die Welt wirken sollten, sondern das Subjekt körperlich mittels der Technik zurück in die kreativen Prozesse des Lebens einzubinden vermochte.