Volker Pantenburg Ehem. Senior Fellow

Volker Pantenburg
April - September 2017

Vita

Volker Pantenburg ist Professor für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Von 2010 bis 2013 war er Leiter des Promotionsprogramms „Theorie und Geschichte kinematographischer Objekte“ als einer der Juniordirektoren am IKKM. Bis 2016 war er Juniorprofessor für Bildtheorie an der Bauhaus-Universität Weimar. Von 2007 bis 2010 arbeitete er in einem Projekt über die Migration von Bildern zwischen Kino und zeitgenössischer Kunst im Rahmen des kollaborativen Forschungszentrum „Ästhetische Erfahrung“ an der Freien Universität Berlin. Von 2008 bis 2009 leitete er das unabhängige Forschungsprojekt „Kunst der Vermittlung. Aus den Archiven des Filmvermittelnden Films“. 2015 war er Mitbegründer des „Harun Farocki Instituts“, einer gemeinnützigen Organisation, die als Plattform für die Erforschung von Farockis visueller und diskursiver Praxis dient und welche neue Projekte unterstützt, die sich mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Bildkulturen beschäftigen. Pantenburg publizierte zu den Themen essayistischer Film und Videopraktiken, experimentelles Kino und zeitgenössische Installationen von Bewegtbildern.

Stand: 2017

Forschungsinteressen

Migratorische Ästhetik: Kunst und Museum; kinematographische Objekte; Praktiken der Archivierung; Harun Farocki; Videographie; experimentelles Kino

IKKM Forschungsprojekt

Projektion/Performance

Seit den letzten zehn Jahren gehören Projektionen von Analogfilmen in weißen Kuben (white cubes) zu unserer Erfahrung von Einzel- und Gruppenausstellungen, Biennalen und Kunstmessen dazu. Da die Kombination von Filmstreifen und Projektor nicht länger Teil einer gewöhnlichen Kinoerfahrung ist, hat die Filmprojektion eine Zuflucht gefunden im museologischen Raum von Cinémathèques und Laboratorien künstlerischer Praxis. Rosa Barba, Matthew Buchingham, Tacita Dean oder Bradley Eros sind unter den vielen Filmemachern und Künstlern, die sich damit befassen, die Möglichkeiten und Ironien der Arbeit mit dem Analogfilm auszuloten. In meinem Projekt möchte ich die Projektion von Analogfilmen als ein bedeutendes Werkzeug für das Denken über Materialität und Historizität der Kinoerfahrung untersuchen. Was bedeutet es, auf einer bestimmten Form der Vorführung aus dem 19. Jahrhundert zu insistieren, die mechanische, chemische und optische Elemente kombiniert, um ein bestimmtes „Arbeitssystem“ zu formen? Ist es Teil einer „nostalgischen Verehrung des Kinos als eines verlorenen Objekts, das heute unaufhörlich erneuert und wiederverwertet wird“ (Erika Balsom) oder geht es um etwas anderes, etwas produktiveres? Um diese Fragen zu untersuchen, befasse ich mich mit der Arbeit von Sandra Gibson und Luis Recoder, Künstlern und Filmemachern aus New York, die den Projektor und die Projektion auf unterschiedliche Weise adressieren. Zwei Hypothesen leiten meine Arbeit an:

  1. Der Projektor ist ein entscheidendes aber oft vernachlässigtes Relais im Kontinuum zwischen Produktion und Rezeption. Wenn man ihn als bloß reproduktive Vorrichtung missversteht, da er hauptsächlich zeigt und reproduziert, was zuvor aufgenommen, entwickelt und verteilt wurde, unterschätzt man, was in dieser kategorialen Verschiebung vom Material zum projizierten Bild passiert. Indem der Projektor als ein Instrument hervorgehoben wird und die Projektionskabine als ein Ort, der üblicherweise vor den Augen und Ohren des Publikums verborgen ist, kehren Gibson und Recoder diese Hierarchie der Vorführung auf ironische Weise um und betrachten die Projektion als Produktion.
  2. Die Arbeiten von Gibson und Recoder sind wie Prismen, die den merkwürdigen Objektcharakter des Mediums Film adressieren. Entgegengesetzt zu traditionellen Vorstellungen von Malerei und Skulptur wird die Materialität des Films verlagert und abgetrennt, da sie zwischen Filmstreifen, Projektor und dem projizierten Bild oszilliert. Auf diese Weise kehren sie zu einem früheren Moment in der Geschichte des Experimentalkinos zurück, den späten 1960ern, als Filmemacher wie Hollis Frampton die Frage nach der Spezifität des Mediums aus der Perspektive der Objekhaftigkeit angingen und vorschlugen, den Film als ein „Energiemuster“ zu begreifen. Indem ich diese Verknüpfung von Projektion und Objekthaftigkeit näher untersuchte ist es mir möglich, meine Forschung fortzuführen, die ich am IKKM zwischen 2010 und 2013 im Rahmen des Promotionsprogramms über kinematographische Objekte begonnen habe.

Jüngste Publikationen

Monographien (Auswahl) und Herausgeberschaften

Farocki/Godard. Film as Theory, translated by Michael Turnbull, Amsterdam: Amsterdam University Press 2015.

Kino-Enthusiasmus. Die Schenkung Heimo Bachstein, Weimar: Lucia Verlag 2016 (with Katrin Richter).

Cinematographic Objects. Things and Operations, ed. Volker Pantenburg Berlin: August 2015.

Wörterbuch kinematografischer Objekte, Berlin: August 2014 (with Marius Böttcher, Dennis Göttel, Friederike Horstmann, Jan Philip Müller, Linda Waack and Regina Wuzella).

Screen Dynamics. Mapping the Borders of Cinema, Vienna: Filmmuseum/Synema 2012 (with Gertrud Koch und Simon Rothöhler).

Jüngste Aufsätze in Englisch

The Third Avantgarde. Laura Mulvey, Peter Wollen, and the Theory-Film, in: Beyond the Scorched Earth of Counter-Cinema. The Films of Laura Mulvey and Peter Wollen, ed. by Oliver Fuke, Laura Mulvey and Sukdhev Sandhu, New York: texte und töne 2016, S. 32-41.

Studies in Blurring. Matthias Müller: While You Were Out, in: Camera Austria 136/2016, S. 33-40.

‘Now that’s Brecht at last!’ Harun Farocki’s Observational Films, in: Erika Balsom / Hila Peleg (ed.): Documentary across Disciplines, Cambridge: MIT Press 2016, S. 102-121.

Videographic Film Studies and the Analysis of Camera Movement, in: NECSUS. European Journal of Media Studies, Spring 2016.

Working Images. Harun Farocki and the Operational Image, in: Jens Eder / Charlotte Klonk (ed.).: Image Operations. Visual Media and Political Conflict, Manchester: Manchester University Press 2017, S. 49-62.

Situations, Infrastructures, Temporalities. Emanuel Licha’s Hotel Machine, in: Emanuel Licha: Et maintenant regardez cette machine, Montréal: Musée d’Art Contemporain 2017, S. 43-61. (engl./frz.)