Neben dem Rahmen und Nähen sind weitere Operationen beobachtbar, die mit dem Öffnen und Schließen vollzogen werden und generativen Charakter haben: Öffnung und Schließung lassen jeweils etwas erscheinen oder verschwinden, hervortreten und zurücktreten; sie können etwas offen legen oder verdecken, zeigen oder verbergen. So schaffen beispielsweise die traditionelle Bühne oder die Arena die Möglichkeit zum Auftreten und zum Abtreten, die durch den Einsatz von Türen, Kulissen, Begrenzungen, Vorhängen, Seilzügen oder Falltüren, aber auch durch Licht, Treppen und andere Instrumente realisiert und motiviert werden können. Dioramen, Vitrinen und Displays aller Art, eingeschlossen digitale Präsentationstechniken und -operationen, lassen Objekte und Personen hervor- und zurücktreten. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind auch technisch-magische Praktiken, die Illusionismen des Zaubertricks der Bühne und des Films.
Kunstgeschichtlich ist in diesem Zusammenhang das Fenster als Medium der Architektur und als Metapher des Bildes enorm wirkungsmächtig gewesen. Das Verschwinden des Bildgrundes im Fluchtpunkt korrespondiert dem Erscheinen der perspektivischen Darstellung im Bildraum. So lässt sich der Wandel des spätgotischen zum zentralperspektivischen Bild und die Auflösung der Zentralperspektive im Impressionismus und Kubismus mit der Dialektik von Transparenz und Opazität fassen (Louis Marin), die der Dialektik von Öffnung und Schließung korrespondiert. Diese räumlichen Operationen sind aber stets, als Vollzüge, schon temporalisiert. Hier werden deshalb zugleich Untersuchungen angestellt zu den Medien und den spezifischen Gesten des Erscheinens und Verschwindens, welche die Dramaturgie eines bestimmten zeitlichen Geschehens skandieren. Das setzt beispielsweise an bei Techniken des Beginnens und Beendens, etwa bei Eröffnungs- und Abschlussritualen, beim Einsatz des Vorhangs in Ritualen der Präsenzherstellung wie der byzantinischen prokypsis oder in der institutionalisierten Kommunikation. Im weiteren Sinne werden auch Eröffnungs- und (Ab)Schlussfiguren in verschiedenen medial-material verfassten Rhetoriken und (logischen) Argumentationspraktiken diskutiert. Für die Techniken des Erzählens etwa in Literatur und Film ist dies bereits erforscht worden. Davon ausgehend können Gesten des Erscheinen- und Verschwindenlassens etwa historisch-politisch in Konflikt- und Kriegseintrittsprozessen beobachtet werden, ebenso in Eröffnungs- und Abschlusszügen von Spielen oder in Speisen- und Attraktionsfolgen bei Mahlzeiten, Festen und Feiern. Das Auftreten von Stilen und der Stilwandel, aber auch die Innovations- und Modernisierungsrhetoriken immer neuer Technologiewellen oder populärer Ästhetik sind zu untersuchen. Kontrastierend hierzu sind aber auch instantane, ausdehnungslose und augenblickliche Formen des Erscheinens und Verschwindens wichtig, der plötzliche Eklat, die Detonation, das kontextlose Ereignis, die im Sinne des Öffnens und Schließens als Einbruch eines Außen oder Ausbruch eines Inneren zu verstehen wären und die aufgrund einer fehlenden Rahmung traumatische Wirkung haben können. Sie sind aber auch im Bereich der Illusionierung und des ästhetischen Erlebens nachweisbar, beispielsweise des Magie- und Zauberfilms seit Méliès.
Von entscheidender Qualität für ein Verständnis der Operationen des Erscheinens und Verschwindens sind schließlich die Zwischenzustände: unvollständige, uneindeutige oder nicht auf Abschluss hin gefasste Operationen, die z.B. zwischen An- und Abwesenheit vermitteln (das Off des Audiovisuellen; Nebelbilder, Schwellenzonen zwischen Grund und Figur, semitransparente Vorhänge, Geistererscheinungen, diaphane Medien u. ä. ).