03.06.2015
19 Uhr
Salon des ehem. Palais Dürckheim, Cranachstraße 47, Weimar

„Kunststaat DDR“ und deutsch-deutscher Bilderstreit nach 1990. Diskursive Kämpfe im Prozess der Wiedervereinigung Vortrag von Karl-Siegbert Rehberg

Nach der durch den Fall der Mauer ausgelösten Euphorie des „glücklichsten Volkes der Welt“ erwies sich das innere Zusammenwachsen als schwieriger als der strukturelle, und institutionelle Prozess der deutschen Wiedervereinigung. Die Kunst wurde dabei zum seismographischen Medium für die damit verbundenen Probleme und Ambivalenzen. In dem bereits 1990 durch Georg Baselitz mit groben Worten entfachten „deutsch-deutschen Bilderstreit“ fanden einander entgegengesetzte Wahrnehmungen des Umbruchs eine im Kunstsystem ausgelöste, jedoch weit darüber hinaus wirkende und oft hoch emotionalisierte Diskursform: Es wurde infrage gestellt, ob es im Staatssozialismus „Kunst“ überhaupt habe geben können. Und dies mit Blick auf eine politisch überformte Gesellschaft, in der die Künste in allen Phasen der DDR eine besondere Funktion hatten, zuerst als „Erziehungsmittel“, später als Medium der Zukunftsgestaltung und schließlich – wie die Theater – der Schaffung einer Ersatzöffentlichkeit für kritische Diskurse in dem nur noch „real existierenden“ Staatssozialismus. Rückblickend gab es die Behauptung einer unbestreitbaren Überlegenheit der „autonomen“ Kunst des „Westens“. Erbitterer jedoch ist bis heute die Auseinandersetzung mit der einstigen „Staatskunst“ von Seiten derer, die – bei aller Privilegierung der Künste und der Künstler – unter dem autoritären System gelitten hatten, vor allem auch jener, die die DDR verlassen hatten und im Westen oft große Karrieren gemacht haben.